Francesca in Shrewsbury

Kindergartenpraktikum in Shrewsbury

Im März 2014 war es soweit. Ich würde für einen Monat in eine Stadt im Westen Englands fahren, um dort für einige Wochen in einer Nursery School zu arbeiten. Schon Wochen davor war ich aufgeregt, gespannt, freute mich darauf und machte mir auch einige Sorgen. In den letzten Tagen vor der Abreise stieg diese Anspannung noch einmal an. Aber als ich dann im Flugzeug saß, war das vorherrschende Gefühl Aufregung - Was kommt auf mich zu? Wie werde ich mich mit meiner Gastfamilie verstehen? Werde ich meinen Aufgaben im Praktikum gerecht werden können? ...? Wegen meiner Englischkenntnisse machte ich mir nicht allzu große Sorgen, denn zum einen kann man sich immer irgendwie mit Händen und Füßen verständigen und dann gibt es ja auch noch Wörterbücher (für „Notfälle“).

Vor der ersten größeren Herausforderung stand ich, als der Zug, mit dem ich vom Flughafen in Birmingham nach Shrewsbury fahren wollte, aufgrund technischer Probleme nicht planmäßig fahren konnte. Da ich nur Bruchstücke der Lautsprecheransagen verstanden hatte, beschloss ich jemanden zu fragen. Mir wurde sofort ganz freundlich geholfen. Schon da ahnte ich, dass am Klischee der "freundlichen, zuvorkommenden und höflichen Engländer" etwas Wahres zu finden sein würde. Das bestätigte sich auch während meines Aufenthalts immer wieder. Das lässt sich natürlich nicht pauschal sagen, Ausnahmen gibt es immer, aber es fiel mir schon auf.

Als ich schließlich den Bahnhof in Shrewsbury erreichte, wurde ich dort von meinem Host-Vater und der Betreuerin der Partnerorganisation von into (SEE) herzlich begrüßt. Kurze Zeit später lernte ich auch meine Host-Mutter, die zwei Hunde der Familie und ihr Haus kennen. Alle machten einen sehr offenen und freundlichen Eindruck, so dass ich mich gleich willkommen fühlte. Eine gewisse Anspannung war zwar immer noch da, aber ich war froh angekommen zu sein. Bald darauf gab es Abendessen.

Im Vorfeld hatte ich mir, was das Essen betraf, manchmal Sorgen gemacht, aber das war total überflüssig. Mein Host-Vater kochte (fast) jeden Abend und meistens so lecker, dass ich ihm am Ende sagte, dass wenn er ein Restaurant eröffnen würde, er sicher viele Gäste hätte. An einem normalen Tag sah meine Verpflegung in etwa so aus: zum Frühstück eine Schüssel Porridge mit Obst (war kein Porridge da, machte ich mir ein Müsli), dazu ein englischer Tee mit Milch und Zucker; für die Zeit im Kindergarten eine Lunchbox mit Sandwiches, Chips, Obst und etwas zu Trinken. Dann eben am Abend das, schon erwähnte, gemeinsame Abendessen, auf welches ein superleckerer Nachtisch, Pudding genannt, folgte. Außerdem wurde mir immer wieder gesagt, dass ich mich jederzeit an allem Essbaren, was ich fand, gerne selbst bedienen dürfe, wenn ich Hunger verspüren sollte.

Die ersten Tage (ein Wochenende) verbrachte ich damit, mich einzugewöhnen, meine Gastfamilie näher kennen zu lernen (die Tochter war über das Wochenende zu Hause), mit einkaufen zu gehen und einen Spaziergang mit den Hunden zu machen. Am Montag ging es dann den ersten Tag in den Kindergarten, in dem ich ebenfalls freundlich begrüßt wurde. In der ersten Woche war der 8-stündige Arbeitstag noch etwas ungewohnt , so dass ich am Freitag ziemlich k.o. war, aber dann hatte ich mich daran gewöhnt. Auch der Tagesablauf hatte sich nach einigen Tagen in meinem Kopf verfestigt.

Um 9:00 ging es los mit einer Kreiszeit, in der Wetter, Namen, Buchstaben, Zahlen, Formen und Farben besprochen und gelernt wurden. Es folgte eine Spielzeit, während der es auch ein Bastelangebot gab und eine Snackpause mit Obst, Keksen und Milch. Anschließend ging es bis zum Mittagessen nach draußen, wo die Kinder die Möglichkeit hatten an der frischen Luft zu spielen (Roller fahren, Rutschen, Herumrennen, ...). Für das Mittagessen wurden allen Kindern Schürzen übergezogen. Kein Kind wurde genötigt aufzuessen und wer mehr haben wollte, bekam mehr. Beendet wurde die Mahlzeit mit einem kleinen Nachtisch. Nach dem Essen wurden einige Kinder abgeholt, andere machten Mittagsschlaf und die meisten trafen sich für die Nachmittagsspielzeit. Diese wurde von einer Milchpause beendet, nach welcher es wieder nach Draußen ging. Am späteren Nachmittag, zur „tea time“, erhielten die Kinder erneut einen Snack und wenn sie wollten auch Nachtisch.

Die Vorbereitung der Kinder auf die Schule beginnt hier noch eher als in Deutschland, was mir besonders in den morgendlichen Kreiszeiten aufgefallen ist. Auch wird viel Wert auf Disziplin gelegt, die Kinder sollen sich möglichst vorbildlich verhalten. In manchen Situationen hätte ich persönlich anders gehandelt. Aber „andere Länder, andere Sitten“ - darum habe ich versucht, zu verstehen was hinter welchen Erziehungsmethoden steckt. Den Draht zu den Kindern fand ich schnell und wurde schnell von ihnen akzeptiert; als Ansprechpartner und „Mitspieler“ wahrgenommen. Auch meine Arbeitskollegen waren sehr nett zu mir und wir verstanden uns gut.

Meine Freizeit verbrachte ich oft damit, die Stadt zu Fuß zu erkunden, Schoko-Brownies in verschiedenen Cafés zu testen (die sind echt zu empfehlen), schwimmen zu gehen oder Zeit mit meiner Host-Family zu verbringen. Highlights für mich waren auf jeden Fall die allabendlichen Unterhaltungen beim Abendessen, die Spaziergänge mit den Hunden in den Shropshire-Hills, ein gemeinsames Abendessen beim Inder und ein Tagesausflug nach Wales ans Meer.

Ein paar Besonderheiten, die mir aufgefallen sind:

  • In Cafés und Restaurants wird zuerst an der Theke bestellt und auch gleich bezahlt (nicht wie in Deutschland: bestellen-essen-bezahlen)
  • Von Menschen, die man kaum oder gar nicht kennt, mit "Darling" oder "Love" angesprochen zu werden, ist nicht unüblich
  • Es wird sich öfter als in Deutschland entschuldigt, dabei entschuldigen sich meist alle Beteiligten (z.B. derjenige, der jemandem auf den Fuß getreten ist und der, dessen Fuß "im Weg" stand)
  • Kreuzt man den Zeige- und Mittelfinger, bedeutet das so viel wie „Daumen drücken“/“Viel Glück“


Es war eine erfahrungsreiche und wirklich spannende Zeit - eine wirklich tolle Erfahrung! Best wishes - Francesca