Jan-Eriks Eltern

Ein Schüleraustausch - aus der Sicht der Eltern

Hallo, wir sind die Eltern von Jan-Erik. Er war von Juli 2012 bis Juni 2013 in Argentinien. Man hört immer nur von den anderen Verwandten – „Oh wie schön“ und „hoffentlich schaffst Du das durchzuhalten“ und „habe eine schöne Zeit dort“. Ist es nicht interessant, wie es uns als Eltern eigentlich (in dieser kinderlosen Zeit) geht? Doch, denn auch für uns „Alten“ ist es eine aufregende Zeit. Wir haben es aus Kostengründen immer nur zu Touren im eigenem Land geschafft. Und jetzt. Eine solche Reise planen – zwar für den Sohn, aber es kommt einem doch vor, als wenn man selbst dorthin fahren würde.

Da sich Jan-Erik spät für diesen Schritt nach Argentinien entschieden hatte, war diese Phase recht kurz und intensiv. Mit into hatten wir aber eine Organisation ausgewählt, wo man sagen kann – SUPER. into hat uns ermöglicht, die Zeit bis zum Abflug, so entspannt wie möglich zu gestalten. Die rechtlichen Aufgaben mussten erledigt werden und da gab es zeitliche Abläufe, die wir schnellstens und manchmal auch mit recht kurzfristigen Terminen bekamen. Es ist also wichtig sich einen genauen Ablaufplan zu erstellen. Wenn man Termine zu kurzfristig legt, kann es passieren, dass man die erforderlichen Papiere nicht rechtzeitig erhält. Die Mühlen der Verwaltung sind manchmal langsam. Es hat aber alles noch in der Zeit geklappt, sodass Jan-Erik rechtzeitig alles zusammen hatte. Die kurze, restliche Zeit sich von Jan-Erik zu verabschieden nahm man zu erst gar nicht war. Und als der Abflugtag kam, fragte man sich, wo die ganze Zeit geblieben ist. Man wollte noch so viel zusammen erledigen. Diese Zeit war nun verstrichen und es ging nach Hamburg zum Abflug. Der Abschied hier war nun kurz und schmerzvoll, weil er nicht mehr rückgängig zu machen war. Aber nun hatten wir die Gewissheit – es hat alles geklappt, die ganze Vorbereitung war mit dem Start des Flugzeuges, den die Mutter noch Minuten nach dem Abheben sehnsüchtig nachschaute, abgeschlossen. Als Papa war ich stolz, dass er es alleine in die weite Welt versuchte, um neue Horizonte zu erkunden, so wie ich früher auch. Das einzige Unangenehme war, das Ungewisse, wie er in Argentinien aufgenommen wird und dort leben sollte. Die Mama hatte es da schwerer, sie war untröstlich, dass ein Teil von ihr für ein Jahr verschwand. Diese Situation war neu. Die Gedanken schwankten zwischen „toll“ und „wie wird es ihm da drüben, in der fremden Welt, ergehen“. Ist er dort sicher und wird er Eltern haben, die ihn genauso gut verstehen und umsorgen wie wir es taten.

Die Ungewissheit holte uns am Abend dann schon ein. Jan-Erik war mit Zwischenstopp in Paris gelandet und wartete nun auf den Weiterflug. Er wurde von einem jungen Norweger angesprochen, der Geld für einen Rückflug benötigte, weil seines gestohlen wurde. Da kam die Großzügigkeit unseres Provinzkindes zum Vorschein. Aber er erinnerte sich an die Worte seiner Mutter - wenn was komisch ist, rufe an - der Anruf kam und helle Aufregung in Stockelsdorf. Alles wurde geklärt und Jan-Erik hat sich in der weiten Welt das erste Mal alleine durchgeschlagen. Aber innerlich dachten wir - wie soll es erst werden, wenn er schon nach einer Stunde in Problemen steckt? Der Weiterflug verlief aber problemlos. Ein Anruf am nächsten Tag, dass er gut angekommen sei und viele Freunde gefunden hat beruhigte uns dann fürs Erste. Es ging ins einwöchige Orientation-Camp. Dort war er unter Aufsicht und es war für uns eine ruhige Zeit.

Dann wurde es wieder aufregend, denn die Woche war verflogen und es ging in die Familien. Jan-Erik hatte eine Familie in Casilda. Mutter mit 15-jährigem Sohn und Stiefvater. Wir bekamen diese Info via Skype und dann wurde es erst einmal still um unseren Sohn. Wir haben am Anfang gesagt, das er sich erst einmal eingewöhnen solle und er den Kontakt suche, wenn es Probleme gibt. Die gab es anscheinend nicht und so verging die Zeit. Irgendwann besann sich unserer Sohn auch mal uns via Skype zu antworten. Er fühle sich wohl, hat eine tolle Familie und sowieso ist alles so aufregend. Wir waren glücklich, dass er es so gut getroffen hatte und es reichte uns, wenn wir alle ein bis zwei Wochen skypten. Es ging Janni gut und er hat uns seine Zufriedenheit mitgeteilt, somit waren wir auch ruhig und gelassen. Wir haben ihm den benötigten Freiraum gelassen. Es vergingen auch mal Wochen, ohne das wir gesprochen haben. Eine zeitlang sind wir nur über Mails an Informationen gekommen. Wir haben dann aber losgelassen und es Janni überlassen, wann er uns sprechen wollte. Der Alltag geht weiter und es ist für einen auch leichter, nicht immer daran zu denken, dass sein Kind auf der anderen Seite der Welt ist. Für mich war es einfacher, da der Alltag normal weiterlief und sich für mich im Tagesablauf nichts änderte. Ich habe weiterhin die Fußballmannschaft von Jan-Erik trainiert und Ausflüge wurden halt nur mit der Schwester unternommen. Aber alles war da wie bisher. Man(n) darf nur nicht denken – schade das der Jung nicht dabei ist. Da war es bei meiner Frau schlimmer. Sie dachte oft an den Jungen, was macht er gerade, kommt er der Schule klar, hat er Freunde gefunden uvm. Da kommt Sehnsucht auf und das Leben wird schwerer zu ertragen, weil einem immer ein Teil von der Familie fehlt.

Es war für mich das Wichtigste, das Jan-Erik in Argentinien alles auf die Reihe bekommt, mit dem Leben und den dortigen Umständen klar kommt und für seine Handlungen die Verantwortung trägt. Das ist ihm sehr gut gelungen. Wir haben gutes Feed Back von into erhalten. Die Eltern haben auch von ihm geschwärmt und er hatte viele verantwortungsvolle Aufgaben zu bewältigen. Er war sozial ein volles Mitglied der Familie, das hat mich sehr gefreut und war Bestätigung genug, ihm sein Leben dort genießen zu lassen und nicht immer wissen zu wollen, was er gerade gemacht hat oder noch erledigen will.

Zu Weihnachten war es dann aber an der Zeit, sentimental zu sein. Wir haben (auf Wunsch von Janni) die Kamera an den Tannenbaum gehängt, sodass Janni mit allen (Oma, Opa, Schwester, Eltern) sprechen konnte und so an dem Fest der Liebe teilhaben konnte. Die anderen Familienmitglieder waren froh, Janni zu sprechen. Es war für alle ein schöner Tag. Das darf man aufs Jahr gesehen aber wirklich nicht öfter machen, denn da kommt Heimweh auf. Den Jahreswechsel haben wir dann nicht zusammen verbracht. Durch die Zeitverschiebung war es gut, das wir schon durch waren und kurz vorm schlafen gehen noch den Argentinienern ein Frohes Neues Jahr wünschen konnten.

Es war nun Pech oder Glück, das kann jeder für sich selber entscheiden, das wir Eltern nicht miteinander kommunizieren konnten. Wir konnten kein Spanisch. Und die Gasteltern kein Deutsch oder Englisch. Für mich war es OK, da ich der Meinung bin, das das Kind dahin fährt und nicht wir. Die Distanz sollte bleiben. Wenn er jetzt noch mal hinfahren würde, so denke ich, das man auch einen engeren Kontakt zu der Familie aufnimmt. Das zweite Halbjahr ging und war für uns Eltern nicht mehr so angespannt. Alles lief seinen Gang. Bis auf kleinere Probleme, welche immer mal auftreten, gab es nicht viel zu klären. Janni hatte sich in der Sprache so gefestigt, das er alles alleine organisierte.

So ab dem 9 Monat geht es los, das man die Wochen der Rückreise wahrnimmt. Eine Spannung baut sich auf, sein Kind wieder bei sich zu haben. Bei uns war es so, dass wir räumliche Umbaumaßnahmen nutzten, um uns abzulenken. Die Freude auf die Rückkehr wird immer stärker. Trotzdem haben wir es Janni nicht so stark spüren lassen, wie es tatsächlich war, denn er hatte ja das gleiche Problem mit seiner Familie auch noch vor sich. Die Doppelbelastung der Freude auf der einen Seite und des Schmerzes auf der anderen bekommt einem Kind natürlich nicht.

Der Tag der Abreise kam näher. Für uns viel zu langsam. Kurz vor seiner Abreise zum Flughafen nach Buenos Aires riefen wir in Casilda an. Wir wollten eine gute Reise wünschen und uns bei der Mutter kurz bedanken. Dafür hatte ich mir einige Worte auf Spanisch zurechtgelegt. Diese wurde ich auch los und die Mutter hat sich riesig gefreut, aber ich konnte ja nicht verstehen, was sie mir sagte. Ich verwies auf Janni. Der aber schlief noch. Es war 3 Stunden vor dem endgültigen Abschied. Da merkte man die Lebensruhe der Argentinier in ihm. Schlaftrunken konnte er mir noch antworten, aber ein längeres Gespräch war nicht möglich. Wie wir erfuhren, ist er eine Stunde vorher aufgestanden, hat  gefrühstückt und seine Eltern haben ihn dann nach Rosario gefahren. Für die war es völlig normal, auch wenn es um einen schmerzhaften Abschied ging. Diese Ruhe und Gelassenheit wäre bei uns nicht möglich gewesen. Der Abflug war geschafft. Ich schaute für den Fall abends vor der Ankunft noch auf den Flugplan, ob alles in der Zeit war.

Dann fuhren wir los, um unseren Sohn abzuholen. Es sollte uns ein letztes Mal die Gelassenheit der Argentinier einholen. Der Flug hatte 2 Stunden Verspätung und so wurde der Anschlussflug nicht erreicht. Auch hier hatte into schon alles im Griff und die Tickets lagen schon bereit, für die nächste, nach Hamburg startende, Maschine. Das Wiedersehen war schön und auf dem Heimweg wurde viel erzählt und zu Hause warteten ja schon die ganzen Freunde zu einer Willkommens Party. Die Überraschung war dann riesig, da er gleich allen viele Geschichten erzählen konnte. Die Eingewöhnungsphase zu Hause dauerte ca. 1 Woche. Dann war die erste Euphorie verflogen und der Alltag hatte einen wieder eingeholt. Es ist witzig, das Janni uns die spanische Sprache des Öfteren spontan vorführt, indem er die Sachen beim spanischen Namen nennt oder einfach spanische Sätze von sich gibt. Er hat noch viel Kontakt zu der Mutter und denkt schon daran, nächstes Jahr in den Sommerferien wieder rüber zu fliegen. Noch hört sich das gut an, aber ob das klappt? Da darf man gespannt sein. Die Eltern